Die grundlegende Bedienung von Oszilloskopen verstehen

R&S®Essentials | Grundlagen von digitalen Oszilloskopen

Wie eine Blindzeit von null die Fehlersuche revolutioniert

Paul Denisowski, Messtechnikexperte

Die Fehlersuche kann manchmal zur Tortur werden. Wenn sie in einen fast endlosen Prozess ausartet, werden die Nerven auch der geduldigsten Ingenieure strapaziert. Bleiben Design-Fehler unbemerkt, drohen außerdem hohe Folgekosten. Das Oszilloskop ist in vielen technischen und naturwissenschaftlichen Bereichen ein wichtiges Fehlersuchwerkzeug. Doch Oszilloskop ist nicht gleich Oszilloskop.
Geräte mit kurzer Blindzeit sind besonders effektiv – nur sie geben Ihnen die Sicherheit, bei der Fehlersuche keine wichtigen Signale zu verpassen. Da bei einem Oszilloskop mit kurzer Blindzeit relevante Ereignisse seltener übersehen werden, läuft die Fehlersuche entspannter und vor allem schneller ab.

Was ist die Blindzeit?

Wer mit Oszilloskopen arbeitet, sollte mit den beiden Hauptphasen des Erfassungszyklus vertraut sein:

  • Abtastung
  • Verarbeitung/Anzeige

Während der Abtastphase zeichnet das Oszilloskop Signale und Wellenformen des Prüflings auf. Anschließend beginnt die Verarbeitungs-/Anzeigephase, während der keine Abtastung stattfindet. Diese Unterbrechung der Abtastung wird als Blindzeit bezeichnet. Für Ingenieure und Wissenschaftler kann sie ein echtes Problem darstellen. Warum? Da das Oszilloskop während dieser Zeit keine neuen Messwerte erfasst, können wichtige Ereignisse oder Signale verloren gehen. Zeigt Ihr Oszilloskop eine lange Blindzeit, laufen Sie daher Gefahr, über kritische Informationen im Dunkeln zu bleiben. Bei manchen Oszilloskopen macht die Blindzeit gar 99 % der Gesamterfassungszeit aus – nicht gerade wenig!

Die Blindzeit hängt von zwei Hauptfaktoren ab:

  • Der Anzahl der Abtastwerte, die gespeichert und verarbeitet werden müssen: Je mehr Werte, desto länger die Blindzeit.
  • Dem Umfang und der Art der Verarbeitung: Die Anforderungen an die Verarbeitung hängen von der Analysefunktion und den jeweiligen Verarbeitungsparametern ab. Beispielsweise erhöht eine schmale Auflösebandbreite bei einer schnellen Fourier-Transformation die Blindzeit erheblich.
Oszilloskop-Erfassungszyklus
Oszilloskop-Erfassungszyklus

Was ist die Aktualisierungsrate des Oszilloskops?

Einer der wichtigsten technischen Parameter eines Oszilloskops ist die Aktualisierungsrate – wie schnell das Oszilloskop aufeinanderfolgende Wellenformen triggern, verarbeiten und anzeigen kann. Je höher die Aktualisierungsrate, desto besser: Die Tests laufen nicht nur schneller ab, sondern begründen auch ein höheres Vertrauen in die Ergebnisse.

Die Aktualisierungsrate ist umgekehrt proportional zur Gesamterfassungszeit: Je länger die Gesamterfassungszeit (Abtastzeit und Verarbeitungs-/Anzeigezeit), desto geringer die Aktualisierungsrate. Wie wir gesehen haben, ist die Blindzeit ein wichtiger Faktor für die Bestimmung der Gesamterfassungszeit. Je größer die Blindzeit, desto größer die Gesamterfassungszeit und desto geringer die Aktualisierungsrate. Aus diesem Grund ist die Blindzeit eines Oszilloskops von entscheidender Bedeutung. Die Gesamterfassungszeit lässt sich verkürzen und damit die Aktualisierungsrate steigern, indem der Zeitraum, in dem das Oszilloskop keine neuen Abtastwerte erfasst, so klein wie möglich gehalten wird. Sie erhalten dann genauere und zuverlässigere Testergebnisse und können Ihre Projekte schneller zum Erfolg führen.

Falls Sie ein Oszilloskop mit herausragender Aktualisierungsrate wünschen, behalten Sie das R&S®MXO 4 im Auge: Es bietet Ihnen die weltweit höchste maximale Echtzeit-Aktualisierungsrate – es erfasst, verarbeitet und zeigt über 4.600.000 Messkurven/s an.

Minimieren der Blindzeit: Ist eine Blindzeit von null möglich?

Eine Blindzeit von exakt null ist leider unmöglich. Einige moderne Oszilloskope kommen dem Nullwert jedoch recht nah und bieten Blindzeiten im Nanosekundenbereich. Beispielsweise bietet das R&S®MXO 4 eine minimale Blindzeit von weniger als 21 ns zwischen aufeinanderfolgenden Erfassungen sowie die schnellste Aktualisierungsrate der Welt. Eine derart hohe Performance ist durch hochleistungsfähige applikationsspezifische Schaltkreise (ASIC) möglich. Ein ASIC ermöglicht eine schnellere, effizientere Signalverarbeitung und stellt eines der wesentlichen Mittel dar, die Oszilloskop-Herstellern zur Reduzierung der Blindzeit zur Verfügung stehen. Ältere Gerätegenerationen nutzten noch allgemeine Hardware zur Signalverarbeitung und -steuerung. Der Leistungsfähigkeit der Oszilloskope waren damit Grenzen gesetzt – eine Hochgeschwindigkeits-Datenerfassung und Echtzeit-Signalverarbeitung waren nicht möglich. Ein speziell für ein Oszilloskop entwickelter ASIC bietet dedizierte Hardware für die Trigger-Verarbeitung oder Datenerfassung. Er kann diese Funktionen um Größenordnungen effizienter ausführen als ein Universalprozessor und ermöglicht so eine wesentlich kürzere Blindzeit.

Manche Oszilloskope verfügen über zusätzliche Funktionen zur Reduzierung der Blindzeit:

  • Segmentierter Speicher: Das Oszilloskop erfasst nur diejenigen Teile des Signals, die von Interesse sind, und ignoriert den Rest. Dadurch lässt sich die Datenmenge, die das Oszilloskop verarbeiten muss, erheblich reduzieren.
  • Wechselnde Abtastung (Interleaved Sampling): Das Oszilloskop verwendet mehrere ADCs (Analog-/Digital-Umsetzer), um das Signal zu leicht versetzten Zeiten abzutasten, und führt die Ergebnisse dann zu einem vollständigen Signalbild zusammen.
  • Parallele Verarbeitung: Das Oszilloskop verfügt über mehrere Verarbeitungspfade, sodass ein Datensegment verarbeitet werden kann, während bereits das nächste erfasst wird.
  • Hohe Abtastrate: Das Oszilloskop kann Daten schneller erfassen und verarbeiten.

Sie können auch die Oszilloskopeinstellungen im Hinblick auf eine minimale Blindzeit anpassen. Interessieren Sie sich beispielsweise nur für einen bestimmten Teil des Signals, können Sie Einstellungen vornehmen, die eine Fokussierung auf diesen Signalabschnitt ermöglichen. Beispielsweise lassen sich die Zeitbasis- und Triggereinstellungen anpassen, um die relevanten Signalteile in den Blick zu rücken.

Der ASIC des R&S®MXO 4 verarbeitet 200 Gbit/s, um die höchste Aktualisierungsrate der Welt zu erreichen
Der ASIC des R&S®MXO 4 verarbeitet 200 Gbit/s, um die höchste Aktualisierungsrate der Welt zu erreichen

Wie eine kurze Blindzeit bei der Fehlersuche hilft

Stellen Sie sich vor, Sie könnten jede Störung, jede Spannungsspitze und jedes Hochfrequenzsignal zuverlässig erfassen. Klingt zu gut, um wahr zu sein? Ist es aber nicht. Moderne Oszilloskope wie das R&S®MXO 4 lassen diesen Traum mit einer Blindzeit von praktisch null wahr werden.

Für die Fehlersuche macht eine kurze Blindzeit den entscheidenden Unterschied. Sie minimiert das Risiko, seltene, kurzzeitige Ereignisse wie Störimpulse oder Spannungsspitzen zu verpassen. Dies ist insbesondere in Bereichen wie der Leistungselektronik wichtig, wo hochfrequente Schaltsignale zum Einsatz kommen.

Eine kurze Blindzeit vereinfacht zudem die Analyse komplexer Signale. Mit einer höheren Aktualisierungsrate können mehr beobachtete Messkurven in einem einzigen Beobachtungsfenster erfasst werden, sodass eine genauere und detailliertere Darstellung des Signals möglich ist. Werfen Sie einen Blick auf das folgende Bild. Die mit einer höheren Aktualisierungsrate erfasste Messkurve ist präziser und detaillierter als das Ergebnis bei geringerer Aktualisierungsrate. Die genauere Darstellung erweist sich besonders bei Rauschen oder kleinen, seltenen Ereignissen als nützlich, die bei einer niedrigeren Aktualisierungsrate leicht übersehen werden könnten. Eine höhere Aktualisierungsrate ermöglicht es Ihnen auch, auf diese Ereignisse zu triggern. Dies kann für viele Anwendungen von entscheidender Bedeutung sein, beispielsweise die digitale Kommunikation, bei der die Signalqualität eine wesentliche Rolle für die Performance spielt.

Geringe und hohe Aktualisierungsrate im Vergleich
Geringe und hohe Aktualisierungsrate im Vergleich

Weitere Vorteile einer kürzeren Blindzeit

Eine kurze Blindzeit verringert den Testaufwand nicht nur durch eine effektivere Fehlersuche. Sie trägt auch zum Bedienkomfort bei und lässt das Gerät schneller ansprechen. Die meisten modernen Oszilloskope priorisieren die Wellenformverarbeitung gegenüber der Benutzerschnittstelle. Das bedeutet, dass das Oszilloskop erst am Ende der Blindzeit das Display aktualisiert und auf Benutzereingaben reagiert. Eine kurze Blindzeit sorgt deswegen sowohl für eine flüssigere Anzeige als auch Bedienung. Der Benutzer arbeitet entspannter und fokussierter, sodass Bedienfehler seltener werden.

Ein weiterer Vorteil einer kürzeren Blindzeit ist die höhere statistische Sicherheit. Oszilloskope werden häufig zur Gewinnung statistischer Daten eingesetzt. Dabei wird jede Erfassung als Abtastwert des Eingangssignals behandelt. Je mehr Abtastwerte vorliegen, desto kleiner wird das Konfidenzintervall – und umso größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass die berechneten Statistiken den tatsächlichen Werten entsprechen.

Vorteile einer kurzen Blindzeit des Oszilloskops
Vorteile einer kurzen Blindzeit des Oszilloskops

Fazit

  • Die Blindzeit eines Oszilloskops ist die Verarbeitungs-/Anzeigezeit, während der keine neuen Abtastwerte erfasst werden können.
  • Alle Ereignisse, die während der Blindzeit eines Oszilloskops auftreten, gehen verloren.
  • Eine kürzere Blindzeit führt zu einer höheren Aktualisierungsrate.
  • Alle Oszilloskope zeigen eine Blindzeit. Moderne Oszilloskope wie das R&S®MXO 4 erreichen jedoch Werte im Nanosekundenbereich und damit von nahezu null.
  • Hersteller entwickeln ASICs für ihre Oszilloskope, um die Blindzeiten zu verkürzen und somit die Aktualisierungsraten zu erhöhen.
  • Eine kurze Blindzeit ist bei der Fehlersuche besonders wichtig, da Ingenieure dadurch auch Störspitzen und andere kurzzeitige Ereignisse erkennen können, die bei einer längeren Blindzeit übersehen würden.
  • Weitere Vorteile einer kurzen Blindzeit sind ein höherer Bedienkomfort und flüssigeres Arbeiten.

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